MILITÄR RAUS AUS SCHULE UND UNI
Material:
Inhalt:
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"Aktion Sicherer Schulweg" à la LVZ: Polizei, Feuerwehr und die Bundeswehr mit
Waffe und Gummibärchen
Ralf Julke / l-iz.de / 31.08.2012
"Aktion Sicherer Schulweg" nennen sie das, was sie gedankenlos Jahr für Jahr vor
Beginn des neuen Schuljahres auf dem Augustusplatz arrangieren:
die Messestadt-Verkehrswacht Leipzig e. V., die Polizeidirektion Leipzig, die
Leipziger Volkszeitung und die Stadt Leipzig. Die LVB nicht zu vergessen und -
ja - die Bundeswehr. Könnte ja sein, Terroristen greifen die jungen ABC-Schützen
an.
Am Freitag, 31. August, fand die Aktion in der Zeit von 10 bis 14 Uhr wieder auf
dem Augustusplatz statt - mit Rettungshubschrauber des ADAC, Einsatzfahrzeugen
der Feuerwehr und der Polizei, einem Rettungswagen ... Wer bei so viel Technik,
die wirklich nur im Notfall zum Einsatz kommt, keine Angst vor dem Schulweg
bekommt, der muss schon mit 6 Jahren ein recht abgebrühter Hund sein.
Der Rest ist die übliche Bespaßung fürs Volk mit großem Bus,
Fahrradgeschicklichkeitsparcours und einer Wissensstraße "mit tollen Preisen für
die richtigen Antworten", Hüpfbus und Hüpfburg, Rollenrutsche sowie ein
Glücksrad. Seit Tagen schon hängen die Plakate dafür in Bahnen und Bussen. Ohne
Hinweis auf die Bundeswehr. Aber mit Hinweis auf den eigentlichen Initiator
dieser Promotion-Aktion: die LVZ.
OBM Burkhard Jung - freundliche Miene zum kriegerischen Spiel.
Aber so recht den Sinn, was man für die Kleinen tun sollte, damit sie nicht
gerade mit panischer Angst in ihr Schülerdasein starten, scheint keiner der
Organisatoren gehabt zu haben.
Die Bundeswehr nutzte den Vortag des Weltfriedenstages, um in eigener Sache zu
werben. Mit tarnfarbenen Beuteln, Bleistiften und zum Entsetzen für Richard
Gauch vom Leipziger "Bündnis gegen den Krieg": "Betreut wird der Stand, den man
durchaus nennen darf: 'Werben für's Sterben' von mehreren Soldatinnen und
Soldaten der Bundeswehr, welche zu meinem Erschrecken zum Schulanfangsfest mit
Waffen (Pistolen) und vermutlich sogar scharfer Munition erschienen. Diese
verteilen an die Schulanfanfänger Gummibärchen mit Bundeswehrwerbung, kleine
Bälle mit Bundeswehrkreuz und Malstifte, ebenfalls mit Werbung der Bundeswehr.
Dies tun sie wahrscheinlich, damit sich die Kinder mit Gummibärchen 'gut'
ernähren mögen. Um militärisch fit zu bleiben sollten die Kinder vermutlich viel
mit dem Ball spielen und die Malstifte bekamen sie, so darf man annehmen, um
sich schon einmal das Sterben als Kanonenfutter ausmalen zu können.
Die Bundeswehr nutzte den Vortag des Weltfriedenstages, um in eigener Sache zu
werben. Krieg ist also nichts weiter als eine gemütliche sportliche
Herausforderung und das Töten von Menschen eine Art Kinderspiel. Da wäre es
besser, die Bundeswehr würde über Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS),
die Hinterbliebenenversorgung oder über die wirklichen politischen und
wirtschaftlichen Interessen ihrer Einsätze aufklären. Nur gewinnt man mit der
Wahrheit eben keine Rekruten."
Und dass Leipzigs OBM Burkhard Jung wieder freundliche Miene zum kriegerischen
Spiel machte und aus dem Schwärmen für dieses Fest nicht mehr herauskam, fand
Gauch keineswegs mehr würdig. Zumindest verschwimmt in Leipzig bei solchen
Ereignissen mittlerweile alles: Spiel, Spaß und bitterer Ernst. Dass die LVZ
diese seltsame Aktion seit über 20 Jahren veranstaltet und der Sinn dabei immer
fragwürdiger ist, tröstet keineswegs. Es zeigt nur, wie gedankenlos Vieles in
Leipzig mittlerweile geschieht.